Die Mistel

Viscum album

Wer beim Kräuter sammeln immer nur den Blick nach unten richtet und dabei den Blick zum Himmel vergisst, der wird diese Heilpflanze bestimmt übersehen. So ging es wohl auch der Göttin Artemis, Mutter des Sonnengottes Baldur in der germanischen Sage. Sie  nahm allen Geschöpfen und Pflanzen, welche mit der Erde verbunden waren, den Eid ab, Baldur kein Leid anzutun. Da die Mistel jedoch keine Verbindung zur Erde hat und  unbedeutend erschien, wurde sie dabei vergessen. Der eifersüchtige Loki erfuhr davon und schnitzte aus der Mistel dann die todbringende Pfeilspitze.

Heiliger Baum der Kelten

Baum mit Mistel

Hier zehren reichlich Misteln von der Kraft des Baumes

Die Mistel wurde von den Kelten sehr verehrt. Um sie zu entdecken, muss man die Augen schon etwas nach oben richten, denn als eine Schmarotzerpflanze wächst sie auf Bäumen. Wenn die Druiden die immergrüne Pflanze ernteten, dann durfte dies nur in einem weißen Gewand geschehen und für den Schnitt war nur eine goldene Sichel zulässig. Die herunterfallenden Teile wurden wiederum auch in einem weißen Gewand aufgefangen. Auf keinen Fall durfte sie den Erdboden berühren, dann verlor sie ihre Kraft. Eine Mistel kann auf der Erde nicht wachsen.
Die heiligste aller Misteln war die, welche auf einer Eiche wuchs, dies ist sehr selten. Der grüne, kugelförmige Strauch scheint sich nicht um die Jahreszeiten zu kümmern. Die Beeren sind giftig, werden aber von Vögeln gefressen. Landet deren Kot anschließend auf einem lebenden Ast, kann sich daraus eine neue Mistel entwickeln. Hierbei soll jedoch auch die Erdstrahlung eine wichtige Rolle spielen.

Geerntet wurde nur zu den Sonnenwendzeiten, besonders zur Wintersonnenwende. Daher zählt sie zu den wenigen Kräutern, die man nach Allerheiligen noch erntet.

Brauchtum und Wirkung

Bis heute hat die Mistel noch immer ihren mystischen Hauch behalten. Wer sich unter einem Mistelzweig befindet, ist von gesellschaftlichen Zwängen befreit. Wer kennt ihn nicht, den Brauch sich unter dem Mistelzweig zu küssen. In Frankreich laufen die Kinder am Neujahrstag mir einem Mistelzweig durch die Straßen. Frauen, denen der Kinderwunsch lange Zeit verwehrt blieb, wurden nach der Einnahme von Mistelsaft doch noch schwanger.
Medizinisch erwiesen ist dagegen seine Wirksamkeit bei der Senkung des Blutdrucks oder der Krampflösung. Misteltee oder -tropfen verlangsamen den Herzschlag und erweitern die Arterien. Auch bei Schwindelgefühl erzielt man eine Wirkung. In jüngster Zeit hat man ein tumorhemmendes Protein entdeckt.

Mistelzweig

Sammeln heute

Man schneidet ausschließlich die Triebspitzen mit Blättern ab und trocknet sie an einem schattigen Ort. Danach lagert man diese in Glas oder Porzellan.

Inhaltsstoffe:

Cyclitole, Flavonoide, Kaffeesäurederivate, Lignane, Mistellektine,
Phenylpropane, Viscotoxine

Wirkweisen

antikarzinogen, blutdrucksenkend, blutstillend, immunstimulierend, krampflösend

Verwendet bei

Hoher Blutdruck, Ekzeme, Gicht, Herzbeschwerden, Kreislaufschwäche, Krampfadern, Menstruationsbeschwerden, Rheuma, Stoffwechselstörungen, Verdauungsprobleme

Erkennung

  • Die Mistel parasitiert als immergrüner Strauch auf anderen Gehölzen.
  • Sie wächst zu kugeligen Büschen mit bis zu 1 Meter Durchmesser.
  • Die Äste sind gabelig verzweigt.
  • Die gelbgrünen Blätter sind elliptisch bis verkehrt-lanzettlich.
  • Die Blätter sitzen paarig oder zu mehreren Blättern an einem Knoten.
  • Blütezeit ist von Mitte Januar bis Anfang April.
  • Die männlichen und weiblichen, gelblichen Blüten sind unscheinbar, duften fruchtig und werden ein bis drei Millimeter groß.
  • Im Spätherbst sprießen klebrige, weiße Beeren hervor.

Anwendungen

Beachtet bitte, dass die Beeren der Mistel giftig sind! Den Vögeln macht dies übrigens nichts aus. Auch Zweige und Blätter enthalten schwache Giftstoffe (z.B. Viscotoxin), die jedoch im Kalt-Auszug nicht in das Wasser übergehen.

Besonders wirksam ist die Mistel bei der Regulierung des Blutdrucks. Aber auch in anderen Bereichen wirkt die Pflanze gesundheitsfördernd.

Heilende Anwendungen

Die Mistel senkt und stabilisiert den Blutdruck, lindert Herz- und Kreislaufprobleme. Anwendung findet sie auch bei rheumatischen Beschwerden, Verdauungs- und Stoffwechselstörungen sowie bei starken Monatsblutungen. Hierfür verwendet man einen Kalt-Auszug. Dieser kann auch äußerlich angewendet werden.

Tinktur

Fertige Misteltinktur erhält man in der Apotheke. Die Tinktur kann gegen viele der erwähnten Beschwerden eingenommen werden, zum Beispiel in etwas Kräutertee aufgelöst. Bei Gicht oder Ischias werden einige Tropfen der Tinktur direkt auf die schmerzenden Stellen aufgebracht und sanft einmassiert.

Kalt-Ansatz

Gegen Krampfadern und Unterschenkelgeschwüre, bei Ekzemen und rheumatischen Beschwerden wird der kalte Mistel-Auszug als Umschlag angewendet.

  • Grundrezept für Mistel-Ansatz:
    • Zwei gehäufte Teelöffel geschnittenes Mistelkraut in eine Tasse mit kaltem Wasser geben, über Nacht stehen lassen, abseihen und vor der Verwendung leicht erwärmen.

Mistelessenz

1 Handvoll frische und zerkleinerte vollständig mit Alkohol übergießen, Gefäß verschließen und 8 Wochen in der Sonne stehen lassen. Danach abfiltern. Dabei darf die Essenz nicht mit Metall in Berührung kommen. Die fertige Essenz in dunkle Flaschen füllen und tropfenweise anwenden.

Andere Anwendungen

Die Mistel wird auch als Injektionspräparat in der Krebstherapie verwendet. Die therapeutische Wirksamkeit dieser Behandlung ist unter Fachleuten allerdings umstritten. Einen sicheren Beweis für den Erfolg der Misteltherapie bei Tumorerkrankungen gibt es noch nicht. Aktuelle Studien verweisen jedoch darauf, dass sich die Lebensqualität der betroffenen Patienten verbessert.