von Thomas Otterpohl | 29, Apr. 2019 | Kräuterlexikon
Taraxum officinale
Einem Löwenzahn in unserer heimischen Natur nicht zu begegnen, ist unmöglich, denn die Vermehrungsstrategie der kleinen Pflanze ist genial. Wer von uns hat als Kind nicht schon eine Pusteblume gepflückt und die kleinen Schirmchen in die Welt hinaus geblasen. Die daran hängenden Samen begnügen sich mit der winzigsten Ritze um zu keimen. Wie aus dem Nichts bricht eine neue Löwenzahnpflanze hervor und verschafft sich mit unbändiger Kraft ihren Platz in der Natur. Dieses Schauspiel kann ich jedes Jahr bei uns vorm Haus erleben.
Eien kleine Fuge reicht dem Löwenzahn aus und schnell entwickelt er sich
Auf dem Fußweg wachsen aus der schmalen Fuge unzählige Löwenzähne heraus. Dort stehen sie sicher wie in einer Festung, denn an ihre Wurzeln kommt man nicht heran. Man ihnen zwar den Kopf abschlagen, doch wie bei der neunköpfigen Hydra wachsen sie immer wieder nach. Sichtbare Zeugen dafür, dass die Natur in der Lage ist, die Zeichen unserer Zivilisation jederzeit zurückzuerobern.
Sammeln von Löwenzahn und seine verwendbaren Teile
Löwenzahn findet man beinahe das ganze Jahr über. Die Hauptblüte ist zwar im April/ Mai, doch die Pflanzen schieben immer wieder neue Blüten nach. Die gezahnten Blätter entwickeln sich je nach Art und Sonneneinfluss etwas unterschiedlich. Verwenden kann man die gesamte Pflanze. Blätter und Blüten (vitaminreich) im Frühjahr und die Wurzel im Herbst, wenn sie die Kräfte des Sommers in sich aufgenommen hat. Gereinigt, getrocknet und geröstet lässt sich ein bitterer Kaffee aus ihnen herstellen. Mit der frischen Wurzel stellt man eine Essenz her, indem man 2-3 Wurzeln zerkleinert, mit einem Viertelliter Korn oder Obstler ansetzt und nach 2 Wochen abseiht. Davon nimmt man bei Verdauungsproblemen bis zu 3 Mal täglich einen Esslöffel ein.
Die frischen Blätter eignen sich besonders für Salate aller Art, ähnlich wie Rukola. Eine kostengünstige Variante eben. Ein paar Blättchen im Salat bringen bereits eine gewisse Wildwürze in den Geschmack. Kombiniert man noch mit weiteren Wildkräutern, können sie ihren Gästen wahre Gaumenfreuden servieren. Mit den Blüten lässt sich ein Sirup herstellen, der als süßer Brotaufstrich schmeckt oder auch ein Likör.
Was steckt drin
Jeder kennt Löwenzahn, weiß wie er aussieht. Es sind aber wenige, die wissen, wie viel Gutes in dieser Pflanze steckt. Das Wort »officinale« im lateinischen Namen bedeutet, dass die Pflanze fester Bestandteil einer Kräutersammlung von Apotheken (Officin) war. Sie gilt damit als angesehene Heilpflanze. Taraxum wiederum steht für »Bitteres Kraut« und bitter bedeutet Gerbstoffe, die sich positiv auf unsere Verdauung auswirken. Sie regen die Produktion von Gallensäften an und stimulieren das Immunsystem. Drüber hinaus enthält er u.a. die Vitamine E und D und sogar Omega 3-Fettsäuren.
Anwendung
Ein Tee wirkt bei Verstopfung, Völlegefühl, Blähungen und Appetitlosigkeit. Für die Herstellung bringt man 2 Teelöffel frische Blätter und Blüten mit einem Viertelliter Wasser zum Kochen, lässt dies 10 Minuten ziehen und seiht dann ab. Davon trinkt man zweimal eine Tasse am Tag. Die Verwendung von Zucker verändert die Wirkung von Kräutertees. Wer unbedingt süßen möchte, sollte lieber zu Honig greifen. Auch hiervon nur wenig, und darauf achten, dass Honig wiederum seine Enzyme verliert, wenn er über 35° erhitzt wird. Wenn wir schon beim Honig sind, die Blüten des Löwenzahn sind eine gute Bienenweide. Für 1 kg Honig müssen meine Bienen 100 000 Blütenbesuche absolvieren. Gegen Abend und bei Regen verschließt sich die Futterbar. Die Blüte selbst ist allerdings nicht auf eine Fremdbestäubung angewiesen.
Bei Regen schließen sich die Blüten
Eine Löwenzahnkur (über 4 Wochen) im Frühling bringt einen übersäuerten Körper wieder ins Lot und den gesamten Organismus in Schwung. Die Wirkung spürt man an der zunehmenden Festigkeit des Zahnfleisches, am schnelleren Heilen von Wunden und auch das Haarwachstum wird angeregt, zumindest solange die Quelle noch nicht völlig versiegt ist. Bettnässer behandelte man ebenfalls mit Löwenzahn und die Pflanze erhielt den Beinahmen „Bettpisser“.
Löwenzahn besetzt die Wegmitte und markiert den Weg
Für Tiere und Kinder
Tiere wissen das Kraut instinktiv zu schätzen. Bei Kühen sagte man ihm früher eine milchsteigernde Wirkung nach, daher wohl auch der Name Kuhblume. Kaninchen lassen alles andere links liegen, wenn sie Löwenzahn fressen können. Interessanterweise fressen Schnecken nicht an den Blättern.
Wer seinen Kindern die Natur näherbringen möchte, bediene sich des Löwenzahns. Eine Pusteblume gegen das Licht gehalten, bringt ihnen ein wahres Kunstwerk näher. Mit einem kräftigen Pusten kann man Orakel spielen, denn die verbleibenden Schirmchen verraten die Zukunft. Auf den Blütenstängeln kann man trompeten, oder man ritzt sie mit einem Messer ein und hält sie ins Wasser, was die merkwürdigsten Gebilde hervorbringt. Einige flechten aus den Blüten Kränze als Kopfschmuck.Übrigens lässt sich aus der Milch des Löwenzahn sogar Gummi herstellen.
Hier dominiert Löwenzahn
Der Löwenzahn konnte sich in den letzten Jahren sehr gut entwickeln. Seine Vermehrung wurde begünstigt, weil viele Brachflächen wieder intensiver genutzt und damit auch gedüngt werden. Dies führte zu einem deutlichen Rückgang der Artenvielfalt auf den heimischen Wiesen. Nutznießer war der Löwenzahn, eine der wenigen Pflanzen, die auch auf fettem Boden wachsen.
Wer also beim nächsten Spaziergang die auffälligen gelben Blüten sieht, betrachtet die Pflanze hoffentlich mit dem Respekt, der ihr gebührt.
Rezepte:
Löwenzahnsalat „Elsass“
- 3 Handvoll Löwenzahnblätter
- 30 g Speckwürfel
- 1 Zwiebel
- 4 EL Olivenöl
- 2 EL heller Balsamico
- Salz, Pfeffer, Crème fraiche
- 1 gekochte Kartoffel
- 1 gekochtes Ei
Zubereitung:
Löwenzahnblätter waschen, trockenschleudern und wenig zerteilen. Den Speck in einer Pfanne auslassen, kleingewürfelte Zwiebel dazugeben und glasieren. Für die Soße Essig, Öl und Gewürze vermengen und die gekochte, mit der Gabel zerdrückte Kartoffel untermengen. Mit Crème fraiche sämig rühren und die Blätter dazugeben. Das gekochte Ei halbieren, dazulegen und mit den Zwiebeln und dem Speck aus der Pfanne anrichten.
Vegetarier ersetzen den Speck durch geröstete Nüsse, Sonnenblumen- oder Kürbiskerne.
Löwenzahnhonig
Löwenzahnblüten sammeln, nicht waschen, sondern ausgebreitet auf ein Tuch legen, damit sich eventuelle Insekten in Sicherheit bringen können. Die grünen Kelche abzupfen und die gelben Blüten mit Wasser bedeckt zum Aufkochen bringen. 10 Minuten köcheln und den Sud über Nacht stehen lassen. Am nächsten Tag absieben und mit Zucker (1:1) und etwas Zitronensaft unter Rühren langsam einkochen bis die Masse zäh wie Honig ist. Heiß in Schraubgläser füllen.
Löwenzahnlikör
Eine gute Hilfe zur Verdauung nach dem Essen.
40 bis 50 Blüten mit ½ Liter hochprozentigem Korn oder Obstler übergießen. 2 Wochen stehen lassen und täglich aufschütteln. Den Ansatz filtern. 250 g braunen Zucker mit einem halben Liter Wasser zum Sirup einkochen lassen. Beide Flüssigkeiten vermengen und in kleine Flaschen füllen, gut verschließen und noch einige Zeit stehen lassen.
von Thomas Otterpohl | 13, Apr. 2019 | Kräuterlexikon
lat. Glechoma Hederacea
Andere Namen:
Gundelrebe, Erdrebe, Erdefeu
Erkennen
Wer Gundermann entdecken will, der sollte seine Wiese einmal genauer betrachten. Irgendwo dort kriecht die Pflanze gerne flach abgeduckt zwischen den Gräsern umher. Im April bis Juni gibt sie sich dank ihrer blauvioletten Blüten etwas deutlicher zu erkennen. Das Blatt ist herzförmig, rund ausgekerbt und leicht behaart. Die Pflanze bildet Ranken, welche dort, wo sie den Boden berühren, neue Wurzeln bilden.
Für die Küche
Gundermann besitzt einen besonderen Geruch (an den Blättern reiben) und eignet sich in geringen Mengen gut zum Würzen von Salaten, Suppen oder Kartoffeln. Soldaten kannten seine Würzkraft und nutzen sie in kriegerischen Zeiten, wodurch sie auch den Namen Soldatenpetersilie erhielt. Der lateinische Name bedeutet übersetzt so viel wie Minzefeu. Für einen neuen Geschmack in der Küche, kann man im Frühjahr ein paar Blättchen kleingehackt über die Speisen geben.
Gundermann schmeckt leicht scharf und ein wenig bitter. Er ist hervorragend in geringen Mengen für Salate verwendbar, verleiht ihnen einen besonderen Pfiff. Kleingehackt hebt man ihn unter die krossen Bratkartoffeln oder gibt Wildgerichten den letzten Pepp. In Kräuterbutter oder -quark ist er gut aufgehoben und der Geschmack passt selbst zu süßen Speisen. Probieren geht hier über Studieren und seine Vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten, werden die Bezeichnung Unkraut bald vergessen machen.
Nicht zu viel verwenden, denn sie besitzt auch eine gewisse Giftigkeit. Besonders bei Pferden und Eseln kann dies kritisch werden, jedoch weiden die Tiere instinktiv um die Pflanze herum.
Heilwirkung
In der Naturheilkunde verwendet man die Gundelrebe vorrangig bei Atemwegserkrankungen, Ohrenschmerzen und zur Beruhigung bei Nervosität. Sie wirkt schleimlösend, steinlösend, harnsäurelösend und magenwirksam.
Verarbeitung
Zum Konservieren bündeln sie die Ranken und hängen sie kopfüber an einen luftigen Ort im Schatten zum Trocknen auf. Dann die Blätter und Blüten abstreifen und diese in Papiertüten lagern. Besser ist es allerdings, wenn man den Pflanzensaft auspressen kann und im Kühlschrank lagert. Ein paar Tropfen täglich helfen bei Nieren- oder Blasenleiden, sowie bei chronischem Husten. Frische Blätter nimmt man auch als Teeaufguss.
Im Garten
Wer Gundermann auf seinen Gartenbeeten hat, sollte sich freuen, statt ärgern. Ein besseres »Unkraut« kann ihm gar nicht widerfahren. Die Pflanze ist ein wunderbarer Bodendecker, bedrängt weder Blumen noch Gemüse und lässt sich mit ihren flachen Wurzeln leicht entfernen. Damit machen Sie aber wieder Platz für andere Kräuter, die Sie wahrscheinlich mehr ärgern werden. Die Tagetes allerdings vertreibt den Gundermann aus ihrer Nähe.
Magisches
Gundermann ist eine alte germanische Zauberpflanze. In ihm wohnt ein Pflanzengeist, der bösen Zauber abhält. Damit das Rad eines Wagens hält, bohrte man Gundermann in die Radnabe. Einer Brutgans legte man eine Ranke ins Nest, damit sie kräftige Küken erbrütet. Die zu Pfingsten während der Predigt gepflückten Ranken helfen gegen jede Krankheit.
Rezepte mit Gundermann
Gundermann – Öl
Füllen Sie ein Schraubglas mit etwas gequetschtem Gundermann (Nudelholz). Suchen Sie dafür saubere, frische Ranken, die nicht mehr gewaschen werden müssen. Mit kaltgepresstem Olivenöl auffüllen und 2-3 Wochen in die Sonne stellen. Danach ist das Öl für Salate gut verwendbar.
Gundermann – Gesichtswasser
Eine Handvoll Pflanzen mit ½ Liter kochendem Wasser überbrühen und kurz aufkochen, abkühlen lassen und absieben. Das Wasser klärt die Haut und entfernt Hautunreinheiten.
von Thomas Otterpohl | 26, März 2019 | Kräuterlexikon
Bärlauch (Allium ursinum)
Bärlauch ist lichtbedürftig und nutzt das zeitige Frühjahr für seine Entwicklung. Die ersten Triebe erscheinen mit dem Ende des Winters. Noch ist das Blätterdach der Bäume nicht geschlossen und die grüne Bärlauchdecke reicht soweit das Auge blicken kann. Die Blätter kann man verwechseln mit Maiglöckchen, Aronstab oder Herbstzeitlose. Allerdings weisen sie bei genauerem hinsehen schon einige Unterschiede auf. Zerreibt man sie zwischen den Fingern und riecht daran, ist der Knoblauchgeruch deutlich wahrnehmbar.
Beschreibung
Junger Bärlauch im März, im Vordergrund ein Aronstab (giftig)
Die Blätter vom Bärlauch sind lanzettenförmig und wachsen auf einem dreikantigen, leicht rundlichen Stiel, dessen Länge zwischen fünf und 20 mm misst. Die Blätter selber sind bis zu 25 cm lang und zwischen zwei und fünf Zentimeter breit. Auffällig bei Bärlauchblättern ist die matte dunkelgrüne Blattoberseite bei einer gleichzeitig helleren Blattunterseite. Ein weiteres markantes Zeichen sind die länglichen Blattnerven, die in Richtung Blattspitze verlaufen. Mit dem Erscheinen der Blüten, die eine kugelige Scheindolde aus bis zu 25 sternförmigen weißen Einzelblüten bilden, wird der Unterschied immer deutlicher. Die späteren Früchte werden von Ameisen gesammelt und verbreitet.
Inhaltsstoffe
Bärlauch enthält Lauchöle, Saponine, ätherische Öle und Vitamine. In frischen, kleingehackten Blättern, oxidiert der schwefelhaltige Inhaltsstoff Alliin zu Allicin. Dies stellt ein natürliches Antibiotikum dar, welches Pilze abtöten kann. Die Pflanze ist hilfreich bei Arteriosklerose, Bluthochdruck, Verdauungsproblemen und Blähungen, sowie Eisenmangel. Bärlauch unterstützt Leber und Galle, senkt den Cholesterinspiegel und regt die Harnbildung an. Ideal also für eine gesunde Frühjahrskur, die schmeckt und vielseitig variiert werden kann.
Sammeln
Bärlauch in der Blüte
Bärlauch direkt im Wald zu suchen ist selten von Erfolg gekrönt. Insider wissen, wo sich die Pflanze ausgebreitet hat. An diesen Stellen findet sich eine reiche Ernte, aber bitte nur für den Eigenbedarf und so viel, wie man frisch verwerten kann. Wir wollen die Natur ja schließlich nutzen und nicht zerstören. Pflücken sie daher nicht mehr als ein Blatt pro Pflanze. Bärlauch liebt es auch nicht, wenn man auf ihm herumtrampelt, daher bitte nicht in großen Horden über die Flächen stampfen.
Im Garten
Wer die Pflanze im Garten halten möchte, sollte sie in Gartenmärkten kaufen. Am besten 2- 3 Pflanzen und dann an unterschiedlichen Standorten (nährstoffreiche und feuchte Böden) versuchen. Pflanzen sie ihn unter einen Laubbaum oder eine Laubhecke. Ist der Standort gut geeignet, wird er sich dort reichlich vermehren.
Verwendung
Bärlauchprodukte werden zunehmend beliebter, wahrscheinlich auch, weil seine Würze deutlich milder im Vergleich mit Knoblauch ausfällt. Ein Scheibe frisches Brot, Butter und darauf frische Bärlauchblätter sind ein wahrer Gaumenschmaus. In Quark und Frischkäse vermengt ist er nicht mehr wegzudenken. Ach seine Blüten lassen sich verwenden.
Für die Verwendung ist die frische Pflanze geeignet, wer den Geschmack konservieren möchte, kann dies am besten durch Einlegen in Öl, als Pesto. Zum Einfrieren oder Trocknen ist Bärlauch ungeeignet.
Wer ab Juni nicht auf frisches Knoblauchgrün verzichten möchte, der sollte auf Schnittlauch-Knoblauch ausweichen. Der Geschmack und die Verwendung sind sehr ähnlich.
Der Bärenlauch trägt den Namen des Bären in sich, eines Seelentieres und Fruchtbarkeitssymbols der Germanen. Der Bär ist ein Frühlingsbringer und mit seinem Erscheinen ist die Kraft des Winters gebrochen.