Im ersten Artikel dieser Reihe habe ich ein paar allgemeine Gedanken zum Unkraut im Garten angestellt. Dabei ging es mir darum, Dir zu zeigen, dass nicht jedes Pflänzchen lästig sein muss und nach Vernichtung schreit. Der Boden ist ein kostbares Gut und die Natur hat es nicht vorgesehen, dass er unbewachsen bleibt. Aber als Gärtner willst Du natürlich, dass Dein Gemüse Platz findet, um sich zu entwickeln.
Samenunkräuter
Versuchen wir also im zweiten Schritt, den erfolgreichen Vermehrungstrategien der Wildkräuter einen Riegel vorzuschieben. Beginnen wir mit dem Einfachsten, den »Samen-Unkräutern«. Wie der Name erahnen lässt, vermehren sie sich durch die Bildung von Samen, die auf verschiedene Art und Weise, mehr und weniger weit verteilt werden. Dies geschieht in teilweise gigantischen Stückzahlen. Das Franzosenkraut kann zum Beispiel an einer einzigen Pflanze bis zu 3 000 000 Samen bilden. Nochmal – drei MILLIONEN!
Dir muss aber nicht gleich das Herz in die Hose rutschen. Wenn Du die Pflanze spätestens mit der ersten Blüte entfernst, kann sie nichts ausrichten. Einfach oder? Der Haken bei der Sache besteht lediglich darin, dass es nicht ausreicht, das Aussamen Deiner Pflanzen zu verhindern. Eigentlich müsstest Du alle Pflanzen, deren Samen Dein Gartenreich erreichen können liquidieren. Wie praktisch, dass dies unmöglich ist, denn dann wären bereits unzählige Sorten ausgerottet. Bei einigen Pflanzen sind die Samen Jahrzehnte lang keimfähig. Damit sichern sie ihr Überleben bei fehlenden Keimbedingungen oder Umweltkatastrophen.
Stetiger Fleiß zahlt sich aus
Auf jeden Fall bist Du im Vorteil, wenn Du alle samenbildenden Unkräuter in Deinem Garten rechtzeitig entfernst. Du arbeitest damit nach dem Verdünner- Prinzip. Deine Hartnäckigkeit wird sich auf dem Beet zeigen. Am besten ist es, regelmäßig die Beete mit der Hacke zu bearbeiten, vor allem nach Regentagen. Dies beugt dem Austrocknen des Bodens vor und erschwert die Keimung neuer Unkräuter. Gekeimte Pflanzen werden verletzt und sterben danach meist ab.
Am Abend darfst Dich feiern, als glorreichen Sieger über tausende von Angreifern auf Deine Gemüseschätze. Zu den samenbildenden Unkräutern zählen wir u.a.:
– Breitwegerich
– Brennnessel
– Franzosenkraut
– Schaumkraut
– Beifuß
– Hirtentäschel
– kanadisches Berufkraut
– Klettenlabkraut
– Sauerklee
– Storchenschnabel
– Taubnessel
– Vogel-Knöterich
Um Neukeimern das notwendige Licht zu nehmen, kann eine Mulchschicht aus großen Blättern oder Grasschnitt helfen.
Fassen wir mal zusammen:
Unkraut, welches sich über seinen Samen vermehrt, entfernst Du am einfachsten mit der Gartenhacke, und zwar regelmäßig, speziell nach dem Regen.
Unkräuter mit Pfahlwurzeln
Starten wir die zweite Runde. Wir sind noch nicht fertig. Da gibt ja auch die Unkräuter mit ihren Pfahlwurzeln. Bei denen reicht es leider nicht aus, wenn Du die oberirdischen Teile entfernst. Sie holen ihre Kraft aus den Wurzeln und die gehen tief ins Erdreich. Als Beispiel nenne ich hier den Löwenzahn. Wo er sich einmal zwischen den Fugen der Pflastersteine festgesetzt hat, bekommt man ihn nur schwer wieder weg. Die Wurzel sitzt fest darunter. Eine Möglichkeit besteht im stetigen Entfernen von grünen Austrieben, um ihr irgendwann die Kraft zu rauben. Will man sie aus dem englischen Zierrasen entfernen, sind spezielle Ausstecher für die Wurzeln im Gartenmarkt erhältlich. Ansonsten hilft rechtzeitiges abmähen, spätestens zur Blüte, denn bis zur Pusteblume vergehen lediglich wenige Tage und dann reicht die nächste Windböe zur Verbreitung. Doch die Pflanze schiebt wieder neue Blüten nach, die kürzere Stängel haben als die Vorgänger. Ist es eine Schutzmaßnahme oder Schwäche, auf jeden Fall muss von mal zu mal kürzer gemäht werden, wenn man die Blüten erwischen will.
Nutzen – aber wie?
Wie sieht es denn in der Nachbarschaft aus? Finden sich dort Kaninchenhalter? Für Langohren oder Meerschweinchen ist das eine beliebte Delikatesse, einschließlich der Wurzel. Für uns Menschen übrigens auch. Leider wissen es die Wenigsten.
Schachtelhalm ist ein weiterer Vertreter. Er ist Anzeiger für verdichteten Boden. Helfen kann es, den Boden durch entsprechende Zusätze (Sand, Humus) beim Umgraben auflockern. Doch Schachtelhalm im Garten stört mich nicht besonders. Die oberirdischen Teile enthalten Kieselsäure. Diese hilft Deinem Gemüse beim Wachstum und stärkt ihre Widerstandskraft gegenüber Schädlingen. Ich pflücke die Halme und werfe sie in das Regenwasserfass, lasse sie oft mehrere Wochen darin. So löst sich die Kieselsäure heraus und gelangt über das Gießwasser zurück in den Boden.
Unkräuter mit Wurzelausläufern
Wieder sind wir ein Stück vorangekommen. Nun steht uns der unangenehmste Teil bevor. Gibt es da doch die Unkräuter, von denen man eigentlich nur einen geringeren Teil sieht. Sie vermehren sich durch Wurzelausläufer und die nehmen teils beträchtliche Ausmaße ein. Es gibt ober- und unterirdische Ausläufer. Letztere sind besonders fies und wer einmal mit Giersch oder Quecken zu tun hat, wird das Zeug nur mit stetiger Fleißarbeit wieder los. Empfehlenswert wäre es hier, einen Bagger zu bestellen, die oberen 30 cm vom Erdreich abzutragen, komplett auszusieben (Alle Triebe raus) und wieder einzutragen. Das schafft Abhilfe, zumindest eine Zeit lang, aber wer will und kann das schon? Dir bleibt daher die Möglichkeit, beim Umgraben, so viele Ausläufer wie nur möglich aus dem Boden zu fischen. Die Ausläufer nehmen den Gemüsepflanzen Feuchtigkeit und Nährstoffe, auch wenn sie gerade nicht darauf angewiesen sind. Sie speichern alles in ihrem Wurzelwerk, überstehen so Trockenphasen problemlos.
Bei mir wuchert der Giersch
Ich habe Probleme mit Giersch im Garten. Allerdings habe ich mit Elvira auch eine Partnerin, die den Ausläufern an hartnäckig zu Leibe rückt. Doch es gibt auch einige Stellen im Garten, wo wir den Giersch unbehelligt wachsen lassen. Dort steckt er viel Kraft in Austriebe und die Blüten, an denen es von Insekten nur so wimmelt. Ich habe den Eindruck, die Möglichkeit dort zu blühen, nimmt ihm etwas von dem Drang zur Ausbreitung, aber das ist subjektiv.
Erst in den letzten Jahren habe ich Giersch als Küchenkraut schätzen gelernt, ernte regelmäßig frische Triebe und die Kaninchen vom Enkelkind erfreuen sich ebenfalls an den Blättern. Es ist einfach angenehmer, diese Kräuter als Erntegut zu sehen, anstatt ihnen als Unkraut die totale Vernichtung anzusagen.
Jeder braucht seinen Platz
Bedenke bitte immer, dass jedes Pflänzchen sich lediglich seinen Platz zum Leben sucht. Der wird nun mal immer weniger und vielerorts versiegelt. In Städten mit Beton, in Vorgärten mit Kies, selbst ein Friedhof bietet kaum noch Fläche. Manche Gräber sind vollflächig mit Granitplatten belegt, viele mit Kies verschüttet. Die restlichen Grasflächen werden kurz gehalten, wie ein Golfplatz. Im Wald herrschen Bedingungen, die anderen Pflanzen behagen, Ackerflächen werden mit Glyphosat vergiftet. Früher subventionierte Brachflächen gibt es nicht mehr. Wo sollen sie denn hin?
Sei also stolz auf jedes wilde Kraut, welches Dein Gartenreich als zukünftigen Lebensraum auserkoren hat. Es ist auch bereit, Dir etwas dafür zu geben, denn sie alle besitzen eine heilende Wirkung. Wenn sie blühen, laben sich die Insekten an Nektar und Pollen. Dein Garten beginnt zu leben. Erfreue Dich am bunten Getummel von Bienen, Schmetterlingen und Käfern. Sie halten Schädlinge von Deinen Nutzpflanzen fern, dienen wiederum vielen Vögeln als Nahrungsgrundlage. Also mir ist das alles viel wichtiger und angenehmer als »Unkraut jäten!«
»Dem Fröhlichen ist jedes Unkraut eine Blume, dem Betrübten ist jede Blume ein Unkraut«
Finnisches Sprichwort
Damit sind wir durch mit den Gemüsebeeten. Wenn Du bis hierher gelesen hast, freut mich das sehr und noch mehr würde es mich freuen, wenn ein paar meiner angesprochen Gedanken wie Saatgut bei Dir zu keimen beginnen und die ein oder andere Pflanze Deinen Garten bereichern kann. Wenn Du Fragen oder weitere Probleme hast, zögere nicht, mich anzusprechen. Vielleicht sehen wir uns einmal bei meinen Führungen, die teils auch bei mir im Garten stattfinden, oder auf Kursen zu bestimmten Themen. Ich würde mich freuen.
Kräuter Thomas
PS.
Du willst nun auch noch wissen, wie Du auf Deinen Blumenrabatten und im Vorgarten agieren sollst. Dazu gibt es demnächst auch noch einen Artikel. Wenn Du Dich im Newsletter anmeldest, informiere ich Dich monatlich über Neuigkeiten.